Es ist zum Nimmerwiederfortgehen! Brecht- und Kräuterwanderung durch die Wolfzahnau

17. Juli 2019

„Ich wage zu behaupten, ohne Lechhausen und den Lech wäre Brecht nicht zu dem genialen Schriftsteller Brecht geworden. Heute gehen wir hin, wo Brecht sich für seine Naturlyrik inspirieren ließ“, kündigte der Buchhändler und Brechtexperte Kurt Idrizovic, selbst gebürtig in Lechhausen, zu Beginn der Veranstaltung an.

Die SPD Lechhausen und die Buchhandlung am Obstmarkt hatten eingeladen zu einem literarisch-naturheilkundlichen Streifzug durch den Stadturwald Wolfzahnau. Die naturkundliche Expertise brachte die Heilpraktikerin Susanne Billmayer mit ein, die die Teilnehmer des Rundgangs immer wieder auf Kräuter und Heilpflanzen am Wegesrand aufmerksam machte. Bei anhaltendem Sommerregen versammelten sich die rund 30 Teilnehmer immer wieder an anderen idyllischen Orten in der Wolfzahnau und lauschten der Brechtschen Lyrik, die Kurt Idrizovic pointiert und im Original schwäbischen Idiom vortrug. „Das Gras ist weich: das Weib ohn' Bitternis, die schönen Weiden machen alles froh: Heut ist die Lust den Willigen gewiss: Es ist zum Nimmerwiederfortgehen so“, las Idrizovic etwa das Gedicht „Der Fluss lobsingt die Sterne“ vor. „Das hat der Brecht mit 18 geschrieben und mit 20 veröffentlicht! Das ist doch genial – ich hab als junger Mann vielleicht das gleiche gefühlt, hätte das aber nie in Worte fassen können!“, rief Idrizovic euphorisch aus und steckte die Zuhörer mit seiner Begeisterung an. Zwischendurch reicherte er die Gedichte mit biografischen Informationen aus der Brechtschen Jugend an. „Damit man sich nicht romantisch einlullen lassen konnte, nummerierte Brecht seine Gedichte wie eine technische Anleitung und benutzte überraschende Bilder wie den Haifischhimmel, der bös und gefräßig über die Landschaft kommt“, so Idrizovic. Susanne Billmayer nahm gerne Aspekte der Gedichte als Anknüpfungspunkte an, um auf die Pflanzen hinzuweisen, zwischen denen Idrizovic stand, um die Lyrik vorzutragen. Als es etwa um die Manneskraft ging, die Brecht in seinen Texten immer wieder anspricht, leitete Billmayer zur Brennnessel über, die man in früherer Zeit benutzt hatte, um die Durchblutung anzuregen: nicht nur bei Rheuma strich man mit einem Büschel Brennnesseln über die betroffenen Körperteile, „auch bei nachlassender Manneskraft wurden Brennnesseln an der entsprechenden Stelle eingesetzt“, berichtete Billmayer. Dies führte bei den Zuhörern zu einem mitleidenden Geraune. Billmayr zeigte neben vielen anderen Pflanzen auch die Klette, die Königskerze oder den Nelkenwurz und nannte zu jeder Pflanze deren heilkräftige Wirkung und gab einen Überblick über die Kulturgeschichte der essbaren Pflanzen. „Der Ursprung der Kräuter war nicht das Würzen der Speisen, sondern das Haltbarmachen“, berichtete sie. „Durch die Zusammenarbeit mit Kurt Idrizovic von der Buchhandlung am Obstmarkt bekommen wir hier in Lechhausen wunderbare kulturelle Impulse. Jedes Mal entdecke ich neue Details über Lechhausen und Augsburg, wenn ich an einer unserer gemeinsamen Veranstaltungen teilnehme“, lobte die Vorsitzende der SPD Augsburg, Angelika Lonnemann, den höchst vergnüglichen literarisch-heilkundlichen Streifzug. Am 3. Oktober laden die SPD Lechhausen und die Buchhandlung am Obstmarkt zu einer Busrundfahrt „Genossenschaftliches Bauen in Augsburg“ ein. Anmeldung in der Buchhandlung am Obstmarkt, Tel. 0821-518804 oder per Email: post@buchhandlung-am-obstmarkt.de

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