Kurz bevor es losging, mussten erst noch mal zwei Tische samt Stühlen in den Saal der TSG-Gaststätte geholt werden, da deutlich mehr Gäste kamen, als erwartet. Rund 70 Menschen waren zum Neujahrsempfang der beiden SPD-Ortsvereine Lechhausen und Firnhaberau gekommen, darunter die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr, der Landtagsabgeordneten Harald Güller, Bezirksrat Wolfgang Bähner und diverse Stadträte und Ortsvereinsvorsitzende aus anderen Stadtteilen.
Die Vorsitzende der Lechhauser SPD, Angelika Lonnemann, zählte einen Teil der Aktivitäten des Ortsvereins im vergangenen Jahr auf und nannte 2017 „ein sehr bewegtes und bewegendes Jahr“. Mit dem Kunstpreis, dem Flößerpark, der Kooperation mit Kurt Idrizovic von der Buchhandlung am Obstmarkt und der historischen Führung über den Lechhauser Friedhof habe man sowohl politisch als auch kulturell Akzente gesetzt. Mit einem Zitat von Ralf Stegner, dass es in der SPD zwar vieles sei, langweilig aber nie, schloss Lonnemann ihre Rückschau und stieß mit allen Gästen auf ein gutes neues Jahr an. Auch Werner Kränzle, Ortsvereinsvorsitzender in der Firnhaberau, und die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr schlossen sich mit Grußworten an.
Dann folgte der Vortrag des evangelischen Regionalbischofs Michael Grabow, der die Bibel und das Parteiprogramm der SPD im Hinblick auf den Begriff „Soziale Gerechtigkeit“ miteinander in Beziehung setzte. "Die Bibel ist auch ein sehr politisches Buch", sagte er zu Beginn. Er zitierte die Geschichte vom Weinbergbesitzer, der dem Arbeiter und dem Tagelöhner den gleichen Lohn auszahlt, obwohl der eine einen ganzen Tag und der andere nur eine Stunde gearbeitet hat. "Jeder bekommt also das, was er zum Leben braucht, das ist ein frühes Beispiel von sozialer Marktwirtschaft!". Grabow führte weiter aus, dass die soziale Gerechtigkeit ein Grundanliegen der Bibel sei. „Gott liegt das gute Zusammenleben der Menschen am Herzen, bereits die Propheten im Alten Testament erheben ihre Stimme für sozial schwache Gruppen. Wir finden hier also bereits Richtlinien für eine geschwisterliche Gesellschaftsordnung“, so Grabow. Die zehn Gebote sei eine Art Verfassung für das Volk Israel, das sich selbst definiere als „die aus der Sklaverei befreiten“. Ganz besonders die Regeln des Sabbats würden dafür sorgen, soziale Unterschiede aufzuheben, denn im Sabbatjahr etwa würden Schulden erlassen. Der sozialkritische Prophet Amos habe es verboten, Gottesdienste zu feiern, solange die Armen nicht versorgt worden seien. Hier wies Grabow auf den evangelischen Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer hin und zitierte ihn: „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen“. Seit Jahrtausenden würde die Menschheit den Gegensatz des überbordenden Luxus und der tödlichen Armut kennen. Grabow sagte, er wünsche sich die Überwindung nationaler Egoismen und dass die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland zur Verbesserung der Lebensumstände der Armen führe. „Es darf nicht sein, dass Konzerne Gewinne einstreichen, Verluste aber verstaatlicht werden!“ Mit einem langen Applaus bedankten sich die Gäste bei Regionalbischof Grabow. Der Neujahrsempfang klang mit einer lebhaften Diskussion darüber, ob etwa ein bedingungsloses Grundeinkommen eine Lösung für mehr soziale Gerechtigkeit sein könne, aus.